Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Peter Hille (1938 – 2020)

16.06.2020

Die Fakultät trauert um Herrn Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Peter Hille, der am 22. Mai 2020 im 82. Lebensjahr verstorben ist.

Peter Hille hinterlässt seine Frau Anneliese (geb. Czizek), eine Tochter und einen Sohn mit ihren Ehepartnern und einen Enkel, der besonders seine letzten Lebensjahre mit Licht und Freude erfüllte.

Peter Hille wurde am 31. Dezember 1938 in Wien geboren. Nach der Volksschule in Stegersbach und Wien besuchte er das Realgymnasium VIII in der Albertgasse in Wien, wo er 1956 die Matura mit Auszeichnung abschloss.

Im Wintersemester 1956/57 begann Hille sein Studium der Physik an der Universität Wien. Ab dem 7. Semester arbeitete er bei Prof. Berta Karlik am Institut für Radiumforschung und Kernphysik der ÖAW an einer kernphysikalischen Dissertation. Mit der Doktorarbeit „Beitrag zum Zerfallsschema von 44K und Bestimmung einiger Wirkungsquerschnitte von Ca-Isotopen für 14,9 MeV Neutronen“ promovierte er am 17.12.1962 bei Prof. Berta Karlik und Prof. Erich Schmidt zum Dr. phil. an der Universität Wien.

Schon im Jahr 1960 als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Radiumforschung und Kernphysik eingestellt, blieb Peter Hille über 40 Jahre lang diesem Institut treu verbunden. Nach der Promotion wurde er 1963 Assistent und habilitierte sich 1969 für das Fach Kernphysik an der Universität Wien. 1973 war er Gastprofessor an der TU München in Garching und wurde im selben Jahr zum ao. Univ.-Prof. an der Universität Wien ernannt. 1994 erfolgte dann die Ernennung zum Univ.-Prof., 2004 seine Versetzung in den Ruhestand.

Die Liebe zur Kernphysik hat sowohl seine Forschung als auch besonders seine Lehrtätigkeit bestimmt. Das Studium von Neutronen-induzierten Kernreaktionen beschäftigte Hille seit seiner Dissertation. Nach dem Dachausbau des Radiuminstituts in den 1960er Jahren wurden diese Untersuchungen mit dem dort installierten neuen Neutronengenerator weiter geführt. Sein Aufenthalt als Gastprofessor an der TU München führte dann am dortigen Tandembeschleuniger auch zur Untersuchung von Kernreaktionen mit geladenen Projektilen. Das Forschungsinteresse von Hille erweiterte sich später auf Fragen der angewandten Kernphysik, insbesondere der Anwendung verschiedener Methoden zur Altersbestimmung, wie der Uranserien-Datierung und der optisch stimulierten Lumineszenz. Dabei gehörte neben verschiedensten Anwendungen sein Interesse stets auch dem grundlegenden physikalischen Verständnis der Methode selbst.

Als in den Jahren 1990/1991 die vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung unterstützte „Evaluation der Physikalischen Forschung in Österreich“ durch eine internationale Expertenkommission stattfand, präsentierte Hille für die Zukunft des Instituts für Radiumforschung und Kernphysik eine 3-MV Tandembeschleunigeranlage für Accelerator Mass Spectrometry (AMS). Dieser von der Kommission gut aufgenommene Vorschlag war eine wesentlicher Schritt für den Aufbau des Vienna Environmental Research Accelerators (VERA), der 1996 seinen Betrieb im Kavalierstrakt der Währingerstraße 17 aufnahm und zu einer weltweit anerkannten Anlage für den ultra-sensitiven Nachweis langlebiger Radioisotope mit AMS in allen Bereichen der Umwelt wurde. Wir sind Peter Hille für seine äußerst wichtige Vorarbeit zu tiefstem Dank verpflichtet.

Die Lehrtätigkeit von Prof. Hille hat sich vor allem in seiner langjährigen, zweisemestrigen Vorlesung „Einführung in die Kernphysik I und II“ niedergeschlagen. Hier konnte er sehr erfolgreich zahlreichen Studentinnen und Studenten die Grundlagen der Kernphysik näher bringen und hat so manche wohl auch dazu angeregt, auf diesem Gebiet eine Diplom- oder Doktorarbeit anzustreben.

Neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit war Prof. Hille langjähriger, stellvertretender Leiter des Instituts für Radiumforschung und Kernphysik und für zwei Funktionsperioden dessen Leiter. Außerdem war er für mehrere Jahre Vorsitzender der Studienkommission Physik an der Universität Wien und Mitglied der Kommission für Quartärforschung der ÖAW. Als österreichischer Delegierter war er auch mehrere Jahre im „Scientific and Technological Committee“ (STC) von EURATOM tätig, das die EU in kernphysikalisch relevanten Themen berät. 2013 wurde Prof. Hille für seine Verdienste das Goldene Doktordiplom der Universität Wien verliehen.

Alle, die Peter Hille etwas näher kannten, waren von seiner klugen und unprätentiösen Art angetan, die oft auch mit echt wienerischem Humor die Dinge in schwierigen Situationen ins rechte Licht rücken konnte. Besonders in Erinnerung wird seine liebevolle Skepsis bleiben, mit der Hille oft nach engagierten Diskussionen seinen Standpunkt zusammenfasste: „Bevor ich mich so wundere, glaub ich’s lieber nicht.“ Wir werden ihn sehr vermissen.

Wien, am 15. Juni 2020

Robin Golser, Walter Kutschera