Was mich an Schwefel besonders fasziniert …
Das Element Schwefel steht im Zusammenhang mit einer großen Erfolgsstory der Klimaforschung (siehe Frage "Held oder Bösewicht").
In meiner Forschung arbeite ich mit Schwefel, weil …
Schwefel oder Schwefelverbindungen aus anthropogenen (z.B. aus der Verbrennung fossiler Energieträger) sowie natürlichen Quellen (z.B. Vulkanausbrüche) sind ein wichtiger Vorläufer von Sulfataerosol, einem der häufigsten Aerosoltypen in der Atmosphäre. Sulfataerosolpartikel, winzige in der Luft getragene Teilchen, spielen eine wichtige Rolle im Klimasystem und für den Energiehaushalt der Erde, da sie das Sonnenlicht streuen, als Kondensationskeime die Wolkenbildung beeinflussen und dadurch eine kühlende Wirkung auf das Klima haben. Sulfataerosol beeinträchtigt jedoch auch die Luftqualität und die menschliche Gesundheit.
Wussten Sie, dass …
beim Ausbruch des isländischen Vulkans Bardarbunga im Jahr 2014 die entstandene Schwefeldioxidwolke Richtung Zentraleuropa zog und sogar in Norwegen noch zu riechen war?
Die wichtigsten Kenndaten von Schwefel: Ordnungszahl: 16; Symbol: S; Gruppe: Chalkogene; Masse (gerundet): 32,065 u; Vorkommen: natürlich
Mein Element in 3 Worten
Gelb. Geruchsintensiv. Aerosolvorläufer.
Held oder Bösewicht?
Beides. Die kühlende Wirkung von Sulfataerosolen hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass die durch menschliche Treibhausgase verursachte Erwärmung weniger stark ausgefallen ist, als sie es ohne das Vorhandensein der Aerosolpartikel gewesen wäre. Jedoch waren Sulfataerosole maßgeblich für den "sauren Regen" und das in den 1980er Jahren beobachtete "Waldsterben" verantwortlich. Seit den 1990er Jahren sind infolge gesetzlicher Vorgaben die Schwefelemissionen v.a. durch technische Maßnahmen (Rauchgasentschwefelung, schwefelarme Treibstoffe, neue Technologien) um mehr als 70 bis 80 Prozent in der EU und Nordamerika gesunken, was ein großer Erfolg der Klimaforschung ist.
Paradoxerweise führen jegliche Luftreinhaltemaßnahmen, die die Menge des streuenden Aerosols (z.B. Schwefel) in der Atmosphäre und damit die kühlende Wirkung von Aerosolpartikeln verringern, dazu, dass der durch Treibhausgase wie Kohlendioxid oder Methan verursachte Temperaturanstieg weniger stark "maskiert" wird. Unter gesundheitlichen Aspekten ist jedoch jede Reduktion der Luftverschmutzung begrüßenswert.
"Moment of Fame" des Elements
Beim Ausbruch des Pinatubo Vulkans auf den Philippinen im Jahr 1991 gelangten große Mengen Schwefeldioxid in die Atmosphäre bis in Höhen von mehr als 30 Kilometer. Daraus bildeten sich mehrere Milliarden Tonnen Sulfataerosol, das in einem Zeitraum von fast zwei Jahren zu einer Reduktion der mittleren globalen Bodentemperatur um etwa 0,5 Grad Celsius führte.
Bernadett Weinzierl ist seit 2016 Professorin für Aerosol- und Clusterphysik an der Universität Wien. Nach der Promotion 2008 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München arbeitete sie u.a. am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), am NOAA-Earth System Research Laboratory und bei Droplet Measurement Technologies Inc. in Boulder, Colorado (USA). Ihre Forschungsschwerpunkte sind Aerosolphysik, Aerosol-Klima-Wechselwirkungen sowie flugzeuggetragene Aerosolmessungen. Für ihre wissenschaftliche Arbeit wurde sie u.a. mit dem Schmauß Award 2019, dem NASA Group Achievement Award (2016 und 2019), dem DLR Wissenschaftspreis 2013 und dem Therese von Bayern-Preis 2009 ausgezeichnet.
Der Advent steht im uni:view Magazin ganz im Zeichen der Elemente: Im Dossier "Mein Element" präsentieren Wissenschafter*innen Überraschendes und Wissenswertes zu Elementen, mit denen sie in Forschung und Lehre arbeiten.