Sogenannte Magnonen können bestimmte Aufgaben im Vergleich zur Elektronik schneller oder mit viel weniger Energie durchführen. Expert*innen arbeiten daher daran Datenverarbeitung zukünftig magnonebasiert zu ermöglichen – ergänzend zur aktuell elektronenbasierten Datenverarbeitung. Wissenschafter*innen an der Universität Wien gelang jetzt ein wichtiger Durchbruch auf dem Weg zu einer solchen Technologie der Zukunft.
Ein Magnon ist eine winzige Störung oder Welle, die sich durch festes magnetisches Material bewegt, ähnlich wie Wasserwellen von einem Stein, der in einen See geworfen wird, wegplätschern. Weltweit arbeiten Wissenschafter*innen daran auf Magnonen basierende Datenverarbeitung möglich zu machen, die die derzeitige elektronenbasierte Datenverarbeitung, die wir in jedem Gerät verwenden, ergänzt. „Eine solche Entwicklung ist sehr wichtig angesichts der ständig steigenden Energiemenge, die die Menschheit jeden Tag für die Datenverarbeitung aufwendet“, erklärt der Physiker Andrii Chumak von der Universität Wien, Leiter der aktuell veröffentlichten Studie.
Während bereits viele Prototypen solcher Rechenelemente und -einheiten entstanden sind, ist das groß angelegte integrierte magnonische Netzwerk, das aus vielen Elementen besteht, noch nicht realisiert worden. Eines der konzeptionellen Hindernisse besteht darin, dass das Spinwellensignal nach der Verarbeitung durch verschiedene Elemente gestört und mit geringerer Amplitude aus einer solchen Einheit herauskommt. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Wien hat nun einen sogenannten „Magnonic Repeater“ entwickelt, mit dem genau diese Problematik gelöst wird. Der Magnonic Repeater nimmt ein Signal in beliebiger Form und Amplitude auf, „räumt es auf“ und verstärkt es auf den gewünschten vordefinierten Pegel. Ein solches Signal kann dann an ein beliebiges anderes Gerät weitergeleitet werden, und durch die so genannte Kaskadierung kann ein großer integrierter magnetischer Schaltkreis realisiert werden.
„Wir haben es geschafft, eines der größten Hindernisse auf dem Weg zu einer energieeffzienteren Datenverarbeitung aus dem Weg zu räumen. Wir sind der Verwirklichung groß angelegter magnetischer Schaltungen, die komplexe Aufgaben mit sehr geringem Energieaufwand erfüllen können, einen Schritt näher gekommen. Unsere Ergebnisse haben unsere Erwartungen übertroffen und eröffnen sehr gute Perspektiven für magnonenbasierte Datenverarbeitung auch für das Gebiet der Magnonik im Allgemeinen“, resümiert Chumak.
Das neu entwickelte Gerät basiert auf einem neuen physikalischen Phänomen, das kürzlich von der NanoMag-Gruppe der Universität Wien entdeckt und in Science Advances publiziert wurde – die sogenannte „tiefe Nichtlinearität“. Bei diesem Phänomen kann die Spinwelle, die die Information trägt, die Eigenschaften des Mediums selbständig verändern. Dadurch haben die Forscher*innen Zugang zum physikalischen Phänomen der Bi-Stabilität erhalten, das in Physik und Technik gut bekannt ist und genutzt wird. Bei diesem Phänomen kann das System bei gleicher Spin-Wellen-Amplitude zwei verschiedene Zustände einnehmen, die vollständig von der Vorgeschichte abhängen. Außerdem kann ein kleines, gestörtes Signal, das vermutlich von der vorherigen Verarbeitungseinheit stammt, das System von einem „Grundzustand“ in einen anderen „angeregten“ Zustand versetzen. Und das vom angeregten Zustand erzeugte Ausgangssignal ist immer gleich und völlig unabhängig von der Form oder Amplitude des Impulses, der ihn ausgelöst hat. Auf diese Weise wurde ein perfekter Magnon-Repeater aus magnetischen Nanostrukturen aus Yttrium-Eisen-Granat hergestellt und experimentell mit Brillouin-Lichtstreuungsspektroskopie getestet.
Originalpublikation:
Wang, Q., Verba, R., Davídková, K. et al. All-magnonic repeater based on bistability. Nat Commun 15, 7577 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-52084-0