Interferenz in Simulationen von Jets in Teilchenkollisionen

22.04.2021

Simon Plätzer (Uni Wien) und Forscher der Universität Manchester haben einen neuen Zugang zu den in der Teilchenphysik essentiellen Ereignissimulationen entwickelt. Erste Resultate der Methode, die quantenmechanische Interferenz über die üblichen Näherungen hinaus berücksichtigt, wurden in Phys. Rev. Lett. publiziert.

Experimente an Teilchenbeschleunigern wie dem Large Hadron Collider am CERN in Genf werden durchgeführt, um die fundamentalen Wechselwirkungen und Zusammenhänge über die Beschaffenheit unseres Universums besser verstehen. In gigantischen Detektoren werden dazu die Ergebnisse von Kollisionen hunderter Teilchen registriert, so ließ sich beispielsweise das Higgs Boson nachweisen. Während der Kollision finden komplexe Reaktionen statt, die nur dann zu neuen Erkenntnissen führen wenn alle Details der Kollision am Computer simuliert und mit den experimentellen Daten verglichen werden können.

Forschern der Universität Wien und der University of Manchester, die an der Theorie und Umsetzung dieser Simulationen arbeiten, ist es nun gelungen ein neues Kapitel aufzuschlagen und den Kern der Simulationen von vornherein in der Quantentheorie umzusetzen. Erste Ergebnisse des neuen Zugangs und der maßgeblich in Wien entwickelten Simulation wurden nun in Physical Review Letters publiziert.

"Es ist nicht so, dass unsere Vorhersagen vorher nicht aus der Quantentheorie gewonnen wurden", sagt Simon Plätzer von der Universität Wien. "Wenn wir die Simulationen aber verlässlicher machen wollen, müssen wir Effekte berücksichtigen, die wir vorher vernachlässigt haben. Insbesondere heißt dies, dass wir quantenmechanische Interferenz nun in einem viel größeren Ausmaß in die Simulationen aufnehmen müssen."

Die starke Wechselwirkung bindet die elementaren Quarks und Gluonen in Hadronen und Atomkernen. Sie ist für einen Großteil der Komplexität in den gemessenen Endzuständen verantwortlich, dabei spielt Interferenz zwischen Zuständen mit verschiedenen "Farbladungen" der Quarks und Gluonen eine zentrale Rolle. Dies wird in den Simulationen allerdings oft nur in einer sehr groben Näherung berücksichtigt.

Diese zu verbessern erschwert die Umsetzung der Simulationen mit bekannten Monte Carlo Methoden. "Es ist dennoch möglich", sagt Plätzer. "Wir benötigen zwar etwas mehr Rechenpower als für die etablierten Simulationen, aber es ist uns gelungen, die Beiträge der starken Wechselwirkung nun exakter zu simulieren."

Erste Resultate sind vielversprechend, obwohl die Effekte im Beispiel der Studie nicht ganz so groß sind, wie ursprünglich angenommen. "Wir glauben aber, dass dies nur auf die Klasse von Größen zutrifft, die wir in dieser ersten Arbeit betrachtet haben," so Plätzer weiter. Die Resultate wurden mit einer weniger flexiblen Methode auch von einer Gruppe in Brookhaven und der japanischen Seikei University bestätigt.

Publikation:
De Angelis, M., Forshaw, J. R., & Plätzer, S. (2021). Resummation and Simulation of Soft Gluon Effects beyond Leading Color. Physical Review Letters, 126(11), [112001].
https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.126.112001

Markov-Prozess in Amplitude und konjugierter Amplitude. Die verschiedenen Pfade von Parton-Austausch und -Emission können interferieren. (Grafik adaptiert aus Forshaw, Holguin, Plätzer, JHEP 08 (2019) 145)