Manfred Drosg wurde am 5. 3. 1941 in Klagenfurt geboren. Nach Absolvierung des Gymnasiums und Ableistung des Präsenzdienstes studierte er ab Oktober 1960 Physik und Mathematik an der Universität Wien. Seine Dissertation verfasste er unter Betreuung von Prof. Peter Weinzierl am Kernforschungszentrum Seibersdorf. Thema der Arbeit war die "Untersuchung der rückstoßfreien Kernresonanzfloureszenz der 46.5 keV-Linie von 183W in metallischem Wolfram und einigen Wolframverbindungen". 1968 wurde er "sub auspiciis praesidentis rei publicae" zum Dr. phil. promoviert. Ab 1969 war er zwei Jahre lang der erste ausländische Postdoktorand am Los Alamos National Laboratory in den USA. Dieser Aufenthalt legte die Basis für eine jahrelange Konsulententätigkeit, verbunden mit einer Vielzahl von Forschungsaufenthalten an dieser Einrichtung und wissenschaftlichen Kooperationen, die bis zuletzt andauerten (letzte Publikation: 2023). Ab 1968 war er zuerst Universitätsassistent an der Universität Wien. Seine Habilitation auf dem Gebiet der Experimentalphysik erfolgte 1977 und seine Ernennung zum Außerordentlichen Universitätsprofessor 1983 (ab 1997 Universitätsprofessor).
Neben seiner Forschungstätigkeit engagierte sich Manfred Drosg an der Universität Wien in allen Belangen der elektronischen Datenverarbeitung (EDV), so z.B. ab 1972 in der EDV-Lehre, die er auf eine breite Basis stellte. Seine Elektronikvorlesungen und das dazugehörige Elektronikpraktikum vermittelten vielen Jahrgängen von Studierenden ein fundiertes Verständnis der Elektronik sowie deren praktische Anwendungen, insbesondere im Bereich der Messelektronik. Das gemeinsam mit Peter Weinzierl verfasste "Lehrbuch der Nuklearelektronik" diente dazu als Grundlage.
Manfred Drosg war lange Jahre EDV-Beauftragter des Instituts für Experimentalphysik, Vizepräses der Diplomprüfungskommission für die Studienkommission Physik, und in den Jahren 1994/1995 Institutsvorstand des Instituts für Experimentalphysik. Als solcher engagierte er sich intensiv für die Umsetzung von Maßnahmen des Arbeitnehmer*innenschutzes sowie allgemein für die Implementierung von Regeln zu den administrativen Abläufen im Institut. Im Herbst 2003 trat er in den Ruhestand, blieb der Universität und "seinem" Institut für Experimentalphysik jedoch weiter verbunden. Mit der Umsetzung des UG 2002 und der anschließenden Umstrukturierung der neu eingerichteten Fakultät für Physik wurde er als pensioniertes Mitglied in die neue Subeinheit Aerosolphysik und Umweltphysik aufgenommen.
Manfred Drosg war in mancher Hinsicht als Forscherpersönlichkeit eine Ausnahme. Mit der Promotion sub ausp. praes. erhielt er eine Assistentenstelle ad personam, die ihm nicht nur die freie Wahl der Universität ermöglichte, sondern auch die eigenständige Festlegung seines Forschungsgebiets. Seine wissenschaftliche Tätigkeit war zum Großteil im und für das Los Alamos National Laboratory. Er engagierte sich für das Institut und übernahm ganz selbstverständlich auch administrative Aufgaben bis hin zum Vorstand. Obwohl er in Wien selbst keine eigene Forschungsgruppe gründete, blieb er wissenschaftlich sehr aktiv – vor allem in enger Zusammenarbeit mit Kolleg*innen aus dem Umfeld vom Los Alamos National Laboratory. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt lag im Bereich der Kernphysik, insbesondere auf dem Gebiet schneller Neutronen. Ein von ihm entwickeltes Computer-Programmpaket wurde von internationalen Datenbanken (NEA, IAEA) angeboten und führte u.a. zu einer patentierten Methode, vergrabene Antipersonenminen aufzuspüren.
Neben seiner Tätigkeit an der Universität Wien und in Los Alamos war Manfred Drosg auch an weiteren internationalen Einrichtungen als Gastwissenschaftler tätig, wie an der Universität von Kuala Lumpur, Malaysien, der Universität von Kapstadt, Südafrika, und am JAERI Nuclear Fuel Cycle Engineering Research Institute in Tokai-mura, Japan. Seine Arbeit wurde u.a. durch den Forschungspreis der Stadt Wien und den Felix-Kuschenitz-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewürdigt.
Auch nach seiner Pensionierung arbeitete Manfred Drosg weiter wissenschaftlich. Er verfasste die Bücher "Der Umgang mit Unsicherheiten: Ein Leitfaden zur Fehleranalyse" (2006; die englische Version "Dealing with Uncertainties – A Guide to Error Analysis" erschien 2007) und "Dealing with Electronics" (2014, gemeinsam mit Michael Steurer). Darüber hinaus publizierte er bis 2023 v.a. gemeinsam mit amerikanischen Kolleg*innen zahlreiche Artikel in peer-reviewten Fachzeitschriften.
Manfred Drosgs Einsatz für das Institut für Experimentalphysik hat bleibende positive Spuren hinterlassen. Seine fachliche Expertise und seine wissenschaftlichen Beiträge wurden von Kolleg*innen seines Forschungsgebiets stets hoch geschätzt. Durch seine direkte Art, seine klaren Worte und sein konsequentes Engagement bleibt er bei allen, die ihn kannten, in lebendiger und dankbarer Erinnerung.
Christoph Dellago und Regina Hitzenberger