Was mich an Uran am meisten fasziniert ...
Uran ist ein richtiges Schwergewicht - das schwerste natürlich vorkommende Element - und seit der Entstehung der Erde in geringen Mengen Bestandteil der Erdkruste. Uranisotope (ein Isotop ist durch die Anzahl der Neutronen im Kern definiert) haben wegen ihrer kernphysikalisch ziemlich stabilen Konfiguration sehr lange Halbwertszeiten, z.B. ganze 4,5 Milliarden Jahre für das Uran Isotop 238U. Außerdem kann die Spaltung von Uran in leichtere Elemente und die damit verbundene Umwandlung von Masse in Energie als direkter Beweis von Einsteins berühmter Formel E=mc2 verstanden werden.
In meiner Forschung arbeite ich mit Uran, weil ......
bestimmte Uranisotope Auskunft über die wesentlichen, das Klima bestimmenden Transportvorgänge auf der Erde geben können! Dabei interessieren mich nicht so sehr die natürlich vorkommenden Isotope (235U und 238U), sondern die sehr seltenen Spurenisotope (236U und 233U), die hauptsächlich als Folge von Kernwaffentests und Wiederaufbereitungsanlagen in die Umwelt gelangt sind. Kürzlich konnte ich erstmalig zeigen, dass das Verhältnis von 233U zu 236U uns dabei hilft, die Emissionsquellen zu unterscheiden.
Wussten Sie, dass ......
in einer Uranerz-haltigen Gesteinsschicht in Oklo (Gabun, Zentralafrika) vor etwa 2 Milliarden Jahren ein "natürlicher Kernreaktor" entstanden ist? Zu dieser Zeit war der Anteil des spaltbaren Uran Isotopes U-235 höher als jetzt, was zusammen mit dem in der Gesteinsschicht vorhandenen Wasser eine selbstablaufende Kettenreaktion ermöglichte. Geregelt wurde der "Reaktor" über das Verdampfen des Wassers welches die Kettenreaktion wieder zum Erliegen brachte. Das Erz kann nun im Naturhistorischen Museum betrachtet werden.
Die wichtigsten Kenndaten von Uran: Ordnungszahl: 92; Symbol: U; Gruppe: Actinoide; Masse (gerundet): 238,03 u; Vorkommen: natürlich
Mein Element in 3 Worten:
Radioaktiv, giftig, schwer
Mit wem kann Uran gut/gar nicht:
Uran liebt Sauerstoff und kommt daher in der Natur nicht elementar sondern nur als Uranmineral in einer Sauerstoff-haltigen Verbindung wie z.B. in der Pechblende vor. Das Vorhandensein von gelöstem Sauerstoff im Wasser bestimmt daher stark die Konzentration von Uran im Wasser, welches die Löslichkeit von Uran stark begünstigt und somit für die Einhaltung der Trinkwassergrenzwerte eine wichtige Rolle spielt.
Wenn ich mich zwischen "Held" oder "Bösewicht" entscheiden müsste ......
wäre Uran weder das eine noch das andere! Aufgrund der chemischen Giftigkeit als Schwermetall ist die Aufnahme von größeren Mengen von Uran gesundheitsschädigend, die Radioaktivität spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Die Bewertung der Kernspaltung ist stark geprägt durch die möglichen Gefahren beim Umgang der Menschen damit. Aus der Spaltung von Uran werden aber auch für z.B. die Medizin oder Materialkontrolle wichtige Radioisotope gewonnen, und die Datierung von Gesteinsschichten mittels des radioaktiven Zerfalls von Uran hilft uns, die Erdgeschichte zu verstehen.
Uran kommt auch geschliffen daher: Bereits im Römischen Reich benutzen Glasmacher Uranoxidverbindungen als Farbstoff in ihrer Herstellung. Unter Schwarzlicht beginnen die Glaskunstwerke grün zu fluoreszieren - so können sie von herkömmlichen grünem Glas unterschieden werden. (© Karin Hain/ Isotopenphysik)
Ein "Moment of Fame" meines Elements ......
ist auf jeden Fall die Entdeckung der Kernspaltung durch Meitner (Link zum Video über Kernphysikerin Lise Meitner), Hahn und Straßmann 1938/1939, welche den Beginn des nuklearen Zeitalters mit allen positiven und negativen Auswirkungen eingeleitet hat. Sie entdeckten, dass Uran bei Beschuss mit Neutronen in zwei leichtere Elemente zerfällt und dabei eine große Menge an Energie freigesetzt wird. Erschreckend ist für mich jedoch, dass der Mensch diese Erkenntnis militärisch zum Bau von Kernwaffen einsetzte und nur sieben Jahre nach der Entdeckung die erste Bombe zur Explosion brachte.
Wenn ich mir eine Welt ohne Uran vorstellen müsste...
...wäre die Welt wohl ein recht unwirtlicher Ort. Ohne die Wärme, die unter anderem beim radioaktiven Zerfall von Uran freigesetzt wird, wäre die flüssige Schicht im Erdinneren vermutlich erstarrt. Damit gäbe es keine Magma-Strömungen und damit kein Erdmagnetfeld, welches uns vor der hochenergetischen kosmischen Strahlung aus dem Weltall und von der Sonne schützt.
Karin Hain studierte Engineering Physics an der Technischen Universität München, wo sie erstmals mit Uran "in Kontakt" kam. Im Rahmen ihrer Masterarbeit sammelte sie erste Forschungserfahrungen mit einer Methode zur Ultra-Spurenanalyse, der Beschleuniger-Massenspektrometrie (AMS). In ihrer Doktorarbeit hat sie sich den möglichen Spuren von Plutonium im Pazifischen Ozean durch den Reaktorunfall von Fukushima gewidmet, doch selbst mit der hochempfindlichen AMS-Methode konnte sie im Meer kein Plutonium aus dem Kernkraftwerk nachweisen. Seit 2016 ist sie am Vienna Environmental Research Accelerator VERA der Uni Wien tätig - Nachweismethoden beschäftigen sie noch immer (zum Artikel "Auf radioaktiver Spurensuche" in uni:view). (© Petra Schiefer)
Der Dezember steht im uni:view Magazin ganz im Zeichen der Elemente: Im Dossier "Mein Element" präsentieren WissenschafterInnen den ganzen Dezember lang Überraschendes und Wissenswertes zu Elementen, mit denen sie in Forschung und Lehre arbeiten.